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Ökologisches
Bauen - Architekten lernen, wo Süden ist!
Auch heute
- sterben
etwa 70 Tier- und Pflanzenarten aus;
- entstehen
etwa 20.000 Hektar Wüste zusätzlich;
- werden
86 Millionen Tonnen fruchtbaren Bodens abgeschwemmt
und abgetragen;
- produzieren
wir weltweit 100 Millionen Tonnen Treibhausgase.
Wir führen
praktisch einen Dritten Weltkrieg gegen die Natur. Wir verbrennen heute
an einem Tag soviel Kohle, Gas und Öl wie die Natur in einer Million
Tagen geschaffen hat. Das heißt: Wir benehmen uns im Verhältnis
1:1.000.000 mal gegen die Gesetze der Natur. Hauptsächlich unsere
falsche Energie-, Verkehrs- und Baupolitik ist verantwortlich für
die drohende Kllimakatastrophe. Ein Gebäude steht durchschnittllich
100 Jahre. Macht es heute noch Sinn, eine Ölheizung einzubauen, nachdem
die letzte Weltenergiekonferenz festgestellt hat, daß es in 40 Jahren
kein Erdöl mehr gibt?
37% aller
Treibhausgase in Deutschland entstehen in privaten Gebäuden. Kann
es je eine Energie-, Verkehrs- oder auch Wasserwende geben, wenn wir einfach
so weiterbauen wie bisher? Klaus Töpfer sagte kürzlich: Der
Abriss eines herkömmlich gebauten Hauses wird in 20 Jahren teurer
sein als der Bau dieses Hauses. Der ehemalige Bauminister fügte hinzu:
"Wir müssen billiger und ökologischer bauen." Ist
aber ökologischer nicht teurer?
In der Nachkriegszeit,
hauptsächlich in den 60iger und 70iger Jahren, war Wärmedämmung
ein Fremdwort und Energieverschwendung kein Thema. Wirtschaftswunder-Deutschland
hatte den Plattenbau entdeckt. Für die ARD-"Zeitsprung"-Sendung
"Auf die Zukunft bauen" haben wir mit einer Spezialkamera feststellen
können, wieviel Wärme aus Altbauten entweicht. Noch heute wird
zumeist die Straße mitgeheizt. Heutige Niedrigenergiehäuser
sind um den Faktvor vier bis zehn energiegünstiger. Welchen Beitrag
können eine ökologische Baupolitik und die Solararchitektur
außerdem zur Entschärfung der Klimakatastrophe leisten?
Ökologisches
Bauen ist keine Modeerscheinung, sondern eine Herausforderung an unseren
Überlebenswillen. Solararchitektur wird integraler Bestandteil einer
zukünftigen regenerativen Energiewirtschaft sein. Solarpolitik und
Solararchitektur bedeuten: Eine in der Geschichte der Menschheit noch
nie dagewesene Anstrengung ist nötig, weil wir der größten
Bedrohung in der Geschichte der Menschheit gegenüberstehen, dem Klimakollaps.
Das Schöne
an einer künftigen Solararchitektur ist, daß wir schon heute
wissen, wie sie anzuwenden ist und wie sie aussehen kann. Es gibt heute
bereits in ganz Europa eine Vielzahl von Gebäuden, die zeigen: Ökologisches
Bauen ist möglich, ästhetisch und bezahlbar. Architekten und
Ingenieure, Bauherren und Unternehmer sind interessiert; Baupraxis und
Architektur beginnen, sich zu wandeln.
Wer vor 15 Jahren einen Architekten fragte, was ein Niedrigenergiehaus
ist, bekam die Antwort: "Ein Haus, in dem etwa 20% der Energie eingespart
wird." Vor zehn Jahren waren schon 50% und vor fünf Jahren 80%
weniger Energie nötig. Inzwischen sind wir beim "Nullenergiehaus"
angekommen. Und Rolf Disch baut für die EXPO 2000 sogar die ersten
Solarenergie-Plus-Häuser das sind Häuser, die über
Dach und Wände doppelt soviel Energie produzieren wie in diesen Häusern
verbraucht wird. Hausbesitzer der Zukunft sind also Energieverkäufer.
Das Haus wird zur Energieeinnahmequelle. Ich habe die Vision, dass im
nächsten Jahrhundert in Deutschland aus 25 Millionen Gebäuden
25 Millionen Solarkraftwerke werden. Ökologisches Bauen ist aber
mehr als eine Solaranlage auf dem Dach. Ökologisches Bauen heißt,
baubiologische, soziale und raumplanerische Kriterien beachten.
1) Baubiologische
Kriterien:
-
neben regenerativen Energiequellen natürliche Baustoffe
wie Holz nutzen;
- Wärmedämmung;
- Kraft-Wärme-Kopplung
durch Blockheizkraftwerke;
- Einsparen
von Trinkwasser durch Komposttoilletten;
- Regenwassernutzung;
- Kompostieren
des Abfalls;
- Luft
reinhalten, um auch Pflanzen wieder riechen zu können.
2) Soziale Kriterien:
- Bürger
beteiligen sich beim Planen und Bauen;
- soziale
Schichten und Generationen mischen;
- variable
Wohnformen.
3) Raumplanerische
Kriterien:
- autofrei/autoarm,
carsharing, öffentliche Verkehrsmittel;
- einbinden
in Kultur- und Naturlandschaft;
- fußgänger-
und fahrrad-freundlich;
- Politik
der kurzen Wege: Wohnen, Arbeiten, Versorgen und Erholen miteinander
verbinden;
- Ruhe
einplanen und Lärm reduzieren;
- nach
Süden bauen.
Wenn Architekten
lernen, wo Süden ist und entsprechend planen, sparen wir allein dadurch
die Hälfte der Heizenergie. Das beliebteste Vorurteil heißt:
Ökologisches Bauen ist zu teuer. Wenn jedoch die genannten Kriterien
beachtet werden, macht die Architektur die Seele der Menschen weniger
krank. Die International Netherlands Bank baute in Amsterdam ein neues
Gebäude nach den Kriterien der grünen Solararchitektur: viel
Licht, viel Pflanzen, offen nach Süden, erneuerbare Energien, biologisches
Baumaterial, transparente Räume, Ruhezonen und Meditationsräume.
Die Mehrkosten waren nach knapp zwei
Jahren amortisiert. Hauptgrund: Die Mitarbeiter waren nur noch halb so
oft krank wie im alten Gebäude.
In vielen
Fällen heißt ökologisch Bauen allerdings: nicht bauen,
sondern sanieren. Der Ökologe Klaus Töpfer legte großen
Wert darauf, daß die Bundesregierung beim Umzug nach Berlin lediglich
das Kanzleramt neu baut. Alles andere wird saniert.
Die Sonne schickt uns keine Rechnung. Auch die Ökohäuser der
Reihe "Övolution" von der Firma "WEBER-Haus"
sind nicht teurer als herkömmlich gebaute Häuser. Noch einen
Schritt weiter geht die Firma Dow Chemical Europe. Ihr Ökohaus ist
etwa 10% billiger als ein übliches Gebäude und bietet mit einem
integrierten Innengarten mehr Komfort.
Der Baumarkt ist mit 550 Milliarden Mark Umsatz pro Jahr der größte
Markt der Zukunft. Wer den Ökozug verpaßt, hat die Zukunft
verschlafen. Bauen und Wohnen wird hauptsächlich dadurch billiger,
daß es umweltfreundlich wird. Kluge Bauunternehmer wissen: Hauptsächlich
mit grünen Ideen werden künftig schwarze Zahlen geschrieben.
Und schließlich
- nicht ganz unwichtig in den Zeiten der Massenarbeitslosigkeit: 300.000
neue Arbeitsplätze werden benötigt, wenn die Wärmeschutzverordnung
nicht nur für Neubauten, sondern auch für alle Altbauten in
Deutschland gelten würde und wenn die zwei Millionen preiswerte Wohnungen,
die heute fehlen, gebaut werden könnten. Dazu müßten zum
Teil unsinnige Bauvorschriften geändert oder gestrichen werden. In
Holland zum Beispiel wird zu einem Drittel billiger gebaut. Ökologisch
Bauen ist also gut für die Arbeitsplätze, gut fürs Klima
und - mittelfristig - gut für den Geldbeutel. Ökologie ist Langzeitökonomie.
Langfristig war es für die Menschen aller Zeiten günstiger,
mit der Natur zu leben als gegen sie. Solararchitektur und Ökologisches
Bauen sind Voraussetzung dafür, daß die Erde für unsere
Kinder bewohnbar und das Leben bezahlbar bleibt.
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